Im Deutschunterricht haben wir uns die Sprachgeschichte angeschaut am Beispiel des Indoeuropäischen, wie sich aus dem die germanischen Sprachen entwickelt haben und wie das heutige Hochdeutsch entstanden ist. Weiterhin haben wir betrachtet wie Sprachen sich entwickeln, auch Wörter aus anderen Sprachen aufnehmen können und schlussendlich dass eine Sprache auch Identität und Ländergrenzen bilden kann. Es ist spannend die Landkarte Europas anzuschauen mit eingezeichneten Sprachgruppen. Die meisten Sprachen gehören zum Indoeuropäisch ausser drei Sprachen die mir ins Auge gestochen sind. Das wären: Finnisch, Estnisch und Ungarisch. Die gehören zu den uralischen Sprachen, die heute unteranderem auch in Sibirien und im Ural gesprochen werden von Minderheiten mit wenigen Sprechern. Im zweiten Teil möchte ich mich mit Ungarisch beschäftigen, woher es kommt und wie man erkennt, dass es nicht zum Indoeuropäischen gehört.
Mich hat es sehr fasziniert das Ungarn ein Land im Zentrum Europas seine ganz eigene Sprache behalten hat, obwohl die Nachbarländersprachen zum Indoeuropäischen gehören. Die Vorfahren der heutigen Ungaren sind Magyaren die im 9.Jahrhundert nach Christus in das heutige Ungarn gekommen sind und die wiederum sind Vorfahren eurasischer Steppennomanden. Als die Magyaren vom Ural nach Ungarn marschiert sind, hat sich eine andere Gruppe abgespalten und ist nach Norden ins heutige Estland und Finnland. Dies ist der Grund weshalb Finnisch und Estnisch nicht so ähnlich zum Ungarisch sind. Die uralischen Sprachen haben auch Zweige, im Zweig der Finno-permischen Sprachen sind Finnsich und Estnisch, während das Ungarisch zu den Ugrischen Sprachen gehört. Ein Beispiel für den ähnlichen Wortstamm der drei Sprachen und auch Unterschied zum Deutschen:
Deutsch Finnisch Estnisch Ungarisch
Fisch kala kala hal
Wasser vesi vesi víz
Hund koira koer kutya
Zahn hammas hammas fog
Feuer tuli tuli tűz
Ein Unterschied des Ungarischen und allgemein uralische Sprachen lässt sich anhand ein paar Merkmalen feststellen. Der Unterschied besteht darin, dass Suffixe an den Wortstamm gehängt werden um Zeitform, Kasus und Besitz anzugeben. Im Latein können wir etwas ähnliches beobachten. Der Unterschied liegt darin, dass sich in den indoeuropäischen Sprachen der Wortstamm verändern kann, während in den uralischen Sprachen er sich nicht verändert. Ein Beispiel:
Latein: rex („König“) → regis („des Königs“) → regi („dem König“)
Ungarisch: király („König“) → királynak („dem König“) → királyé („des Königs“)
Zudem hat es in den uralischen Sprachen viele Fälle, gerade deswegen weil meistens keine Präpositionen verwendet werden sondern einfach Suffixe. Im Ungarischen hat es 18 Fälle. Hier ist ein Beispiel der vier ersten Fälle:
Nominativ (ház) - das Haus (Grundform)
Akkusativ (házat) – das Haus (Objekt)
Inessiv (házban) – im Haus
Elativ (házból) - aus dem Haus
Die Satzstellung ist im Ungarischen sehr starr im Vergleich zu den Indoeuropäischen Sprachen. Im Latein ist es beispielsweise nicht wichtig ob Subjekt oder Objekt ihre Plätze tauschen. Im Ungarischen dagegen würde es die Bedeutung des Satzes verändern. Meistens steht das wichtigste Wort am Anfang und wird bei der Aussprache besonders betont.
Latein:
Puella librum legit. („Das Mädchen liest ein Buch.“)
Librum puella legit. („Das Mädchen liest ein Buch.“)
Legit puella librum. („Das Mädchen liest ein Buch.“)
Ungarisch :
A lány olvassa a könyvet. („Das Mädchen liest das Buch.“)
A könyvet olvassa a lány. („Das Buch wird vom Mädchen gelesen.“ – Fokus
auf „das Buch“!)
Olvassa a lány a könyvet. (Ungewöhnlich, aber betont das Verb „liest“.)
Ein weiteres Merkmal zum Unterschied zwischen Indoeuropäisch und Ungarisch ist das grammatikalische Geschlecht. Allgemein gilt die ungarische Sprache als geschlechterlos. Besonders gut verdeutlichen kann man das mit den Personalpronomen. Während wir im Indoeuropäischen zum Beispiel er, sie und es haben, gibt es im Ungarischen nur ein neutrales drittes Personalpronomen, nämlich ö. Ein Beispiel dazu:
Deutsch: Er sieht. / Sie sieht. / Es sieht.
Ungarisch: Ő lát. („Er/sie sieht.“)
Sehr speziell für ungarisch ist die sogenannte Vokalharmonie, so werden die Suffixe die an ein Wort kommen, den Vokalen im Wortstamm angepasst. So teilen sich im Ungarischem die Vokale auf hinter Vokale und auf vordere Vokale. Hat jetzt der Wortstamme eines Wortes hintere Vokale, werden Suffixe gewählt auch mit hinteren Vokalen. Wenn es im Wortstamm unterschiedliche Vokale hat, wird geschaut ob es mehr hintere oder vordere Vokale sind.
Hintere Vokale:
a, á, o, ó, u, ú
Vordere Vokale:
e, é, i, í, ö, ő, ü, ű
Beispiel:
ház („Haus“) hat hintere Vokale, daher: házban („im Haus“)
kert („Garten“) hat vordere Vokale , daher: kertben („im Garten“)
Ich finde es persönlich sehr faszinierend wie die Magyaren aus dem Ural hierhergekommen sind und ihre Sprache bis heute behalten haben, zurzeit mit 13 bis 15 Millionen Sprechern. Als die UdSSR Ungarn kurzzeitig besetzt hat, wollten sie die ungarische Sprache unterdrücken, aber die Ungaren haben sich dagegen gewehrt. Es bildet sehr stark ihre eigene Identität als Land, weil es nicht zum Indoeuropäischen gehört.